Röstis Kernkraft-Coup

Der Bundesrat will das Technologieverbot in der Energieproduktion aufheben. Damit können in der Schweiz wieder neue Kernkraftwerke gebaut werden. Ob, wann und wie das geschehen wird, bleibt allerdings offen.

(Bild: PEXELS) Der Bau neuer Kernkraftwerke ruft nach einfacheren Verfahren und mehr Rechtssicherheit.

Bundesrat Albert Rösti (SVP) ist ein eigentlicher Coup gelungen. Er konnte seine Regierungskollegen überzeugen, dass das Technologieverbot im Energiebereich nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Neue Kernkraftwerke sollen wieder gebaut werden dürfen. Dieser Entscheid kommt einer Wende der Energiewende gleich: Es war derselbe Bundesrat – wenn auch in anderer Zusammensetzung – der nach der Flutkatastrophe im japanischen Fukushima überstürzt den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen hatte. Bern eiferte Berlin nach, das nun seinerseits vor den Scherben einer ideologischen Energiewendepolitik steht.

Wohin die Anti-AKW-Stimmung, die so stark praktisch nur im deutschen Sprachraum verbreitet ist, führt, zeigt Deutschland und erfährt jetzt auch die Schweiz: überteuerter Strom, der die Industrie lähmt, schmutziger Strom aus Kohlekraftwerken, Atomimportstrom aus Frankreich, eine aufgeblähte Subventionswirtschaft zu Lasten der Bürger und Steuerzahler, bei der sich die Profiteure die Finger lecken.

Dabei steht fest: Strombedarf steigt durch die forcierte Elektrifizierung und die Digitalisierung rasant. Gleichzeitig die klimaschonenden Kernkraftwerke abzuschalten, ohne genügende Alternativen zu haben, hat sich als Sackgasse herausgestellt. Deshalb ist der Entscheid des Bundesrats zu begrüssen. Dies auch darum, weil durch die Politik ausgesprochene Technologieverbote noch nie dem zivilisatorischen Fortschritt gedient haben und einem liberalen Verständnis von Wissenschaft und Gesellschaft zuwiderlaufen.

Stromkonzerne zeigen kalte Schulter
Trotz des Richtungswandels des Bundesrats ist allerdings noch längst nicht klar, ob, wann und wie in der Schweiz neue Kernkraftwerke gebaut werden. Grosse Stromversorger wie Axpo, Alpiq oder die Bernischen Kraftwerke sind zwar grundsätzlich nicht gegen die Aufhebung des Neubauverbots, aber wenn es konkret wird, zeigen sie die kalte Schulter.

Das mag verschiedene Gründe haben. Sicher ist: Die Stromkonzerne sind nicht richtig dem Markt ausgesetzt. Sie sind staatliche Kolosse, die in einer betreuten Werkstatt Subventionen abschöpfen, während sie auf der internationalen Strombörse Milliardengewinne machen. Die Folgen: explodierende Preise für die Konsumenten, Rekordgewinne für die Konzerne.

Umso stossender ist, dass zum Beispiel die Bernischen Kraftwerke aggressiv in andere Märkte vordringen, mit unfairem Wettbewerbsvorteil private Firmen aufkaufen und konkurrenzieren. Aber für eine sichere, saubere Stromversorgung zu sorgen, dazu haben sie keine Lust?

Ein Grund dafür könnte auch sein: Die Verwaltungsräte der staatlichen Energieriesen sind mit Politikern durchsetzt. Bei der Axpo zum Beispiel ein Jakob Stark (SVP), der beim Stromgesetz von der Parteilinie abwich (schliesslich ging es um Milliardensubventionen), bei der Alpiq eine Adèle Thorens Goumaz, ehemalige Ständerätin und Co-Präsidenten der Grünen, die ausnahmslos jeden Vorstoss unterstützte, der eine «grüne Wirtschaft» und mehr Steuern und Abgaben für die Bürger forderte.

Bewilligungsverfahren vereinfachen
Die Aufhebung des Verbots reicht also nicht, wie auch das Nuklearforum Schweiz betont, ein Verein zur Förderung der sachgerechten Information über die zivile Nutzung der Kernenergie. Ebenso notwendig seien nun «eine Vereinfachung der Bewilligungsverfahren sowie Rechtssicherheit während der Projektierungs- und Bauphase, um Neubauprojekte in der Schweiz wieder zu ermöglichen».

Das aktuell mehrstufige Bewilligungsverfahren zum Bau eines neuen Kernkraftwerkes sorge für Rechtsunsicherheit und hohen Mehrkosten, so das Nuklearforum Schweiz. Die Kosten sind mit ein Argument, das die Stromkonzerne ins Feld führen. Positiv ist der Bundesratsentscheid aber so oder so auch für bisherigen KKW: «Eine Aufhebung des Neubauverbotes unterstützt zudem den Langzeitbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke, da intakte Lieferketten erhalten bleiben und weiterhin in Ausbildung und Forschung investiert wird», teilt das Nuklearforum mit.

Dr. Philipp Gut

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